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Am 8. April 2025 feierte der ZugerJungunternehmerpreis, im Gemeindesaal Steinhausen, sein 20 jähriges Jubiläum. Wieder wurden die besten Jungunternehmen des Kantons Zug gesucht, nach einem Pitch vom Publikum bewertet und öffentlichen ausgezeichnet. Wir berichteten darüber in unserem Blog. Auch wir liessen uns von den engagierten Unternehmer:innen faszinieren und voteten eifrig mit. Michael Schacher, von der 2021 gegründeten Alligator AG, war dabei hoch auf unserer Liste. Umso mehr freuen wir uns, dass er für sein ambitioniertes Projekt mit dem zweiten Platz ausgezeichnet wurde. Deshalb nun hier das Interview mit dem einnehmenden und engagierten Unternehmer.
Lange Geschichte... Ich war Projektleiter bei einem internationalen Industriekonzern und leitete Projekte auf der ganzen Welt. Dann kam die Pandemie, das Reisen wurde schwierig, die Welt stand still und ich musste viele, viele Überstunden abbauen. Zu einer Zeit, in der es nicht einmal möglich war, sich mit Freunden auf ein Bier zu treffen.
Mein Bruder (Co-Founder) hat mich damals gefragt, ob ich Lust hätte, etwas für das Familienunternehmen zu konstruieren. Eine mechanische Werkstatt, geführt von meinen Geschwistern und gegründet von meinem Vater. Es ging um eine Erfindung zum Verbinden von Hydraulikleitungen zwischen einer Sattelzugmaschine und einem Sattelauflieger.
Als Freelancer habe ich dann eine solche Lösung entwickelt und einen Prototyp gebaut. Ursprünglich war das für mich nur eine temporäre Beschäftigung. Aber mir gefiel die Konstruktion und der Gedanke, Teil einer eigenen Unternehmung zu werden, hat mich gereizt. Allerdings habe ich vor ein paar Jahren die Entscheidung getroffen, nicht ins Familienunternehmen einzusteigen. Also haben wir die Alligator AG in Rotkreuz gegründet. Inzwischen machen wir das Ganze zu dritt. Ich arbeite, so gut es geht, zu 100 Prozent, muss aber zwischendurch als Freelancer arbeiten, um über die Runden zu kommen. Oliver kümmert sich etwa zu 15 % um die Finanzen und Damian ist mit ca. 25 % dabei.
Egal... Kurz nach der Gründung haben wir beschlossen, unseren Prototypen an der transport-ch Logistikmesse in Bern auszustellen. Wir wollten frühzeitig die Meinung potenzieller Kunden einholen.
Die Schwierigkeit bei der Entwicklung einer Technologie ist ja oft: Man kann fast alles entwickeln, aber braucht es überhaupt jemand? Und ist jemand bereit, dafür zu zahlen? Das Ergebnis war miserabel.
Ich habe gesehen, dass der Markt klein ist und die Technologie nicht wirklich gefragt war.
Aber: Während der vier Messetage haben uns fünf verschiedene Ingenieure ein Problem beschrieben, auf das unsere Lösung passen könnte. Allerdings nicht für Hydraulikleitungen, sondern für Hochvoltkabel bei elektrischen Sattelzugmaschinen. Damals gab es in der ganzen Schweiz gerade einmal sechs elektrische Sattelzugmaschinen. Und fünf Ingenieure erklärten uns ein ungelöstes Problem genau für solche Fahrzeuge. Interessant, oder?
Also haben wir uns die Marktprognosen angeschaut und festgestellt, dass dieser Markt riesig werden könnte.
Allein in Deutschland gibt es eine Million Sattelauflieger. PwC rechnet ab 2040 mit über 200'000 jährlichen Neuzulassungen von elektrischen Sattelzugmaschinen in der EU. Weltweit rechnet man je nach Studie mit über einer Million pro Jahr ab 2040. Und eine Lösung für das Problem, welches uns die fünf Ingenieure beschrieben haben, könnte theoretisch bei jedem dieser Fahrzeuge Vorteile bringen. Deshalb haben wir uns entschieden, eine Verbindungslösung für Hochvoltleitungen zwischen einer Sattelzugmaschine und einem Sattelauflieger zu entwickeln. So sind wir darauf gekommen. Also klassischer gelenkter Zufall.
Die grosse Herausforderung ist nicht die Verbindung selbst, sondern die Kabelführung. Wenn das Fahrzeug lenkt, verändert sich der Winkel und damit auch ständig die Kabellänge zwischen Zugmaschine und Auflieger.
Dadurch entsteht das Risiko, dass Kabel ausreissen können. Und bei 800 Volt will das wirklich niemand erleben. Aus diesem Grund haben wir ein System entwickelt, bei dem keine Kabel mehr zwischen Zugfahrzeug und Auflieger notwendig sind. Eine geschlossene, abgedichtete Konstruktion, wie man sie bei diesen Strömen haben möchte. Da bei den meisten Fahrzeugen ohnehin kein Platz für ein Kabel vorhanden wäre, kann man sagen, dass wir heute weltweit die einzige Lösung haben, die ein Hochvolt-Energienetzwerk über das gesamte Fahrzeug einschliesslich Auflieger ermöglicht.
Das ist für mich eine schwierige Frage. Du musst verstehen, unsere Technologie ist nur ein Teil eines gesamten Systems. Und es ist extrem schwierig, als kleines neues Unternehmen etablierte Marktteilnehmer von einer neuartigen Technologie zu überzeugen. Seit Jahren kämpfe ich jeden Tag darum, Firmen in diese Richtung zu lenken. Letztes Jahr hätten wir sogar alles beisammengehabt, um einen erste Sattelzugmaschine mit unserem System zu bauen. Technologiepartner, Mitfinanzierungen von Stiftungen, verschiedene Firmen, die Material gesponsert hätten, Absichtserklärungen und so weiter. Unser Finanzplan war jedoch auf Subventionen vom BfE ausgelegt. Als der Bundesrat letzten November beschlossen hat, mit der Streichung des P&D-Programms die Gelder für Innovationen im Bereich Energie zu streichen, ist unser ganzer Plan zusammengefallen.
Zurück zur Frage: Seit Beginn des Projekts arbeite ich fast ununterbrochen, schlafe schlecht und kassiere regelmässig harte Rückschläge. Das macht eigentlich genau das Gegenteil von glücklich. Gleichzeitig sind es die kleinen Erfolge, mit denen man einem grossen, weit entfernten Ziel immer wieder ein Stück näherkommt, und natürlich das Vertrauen von Menschen und Institutionen wie zum Beispiel der Klimastiftung Schweiz und der Hochschule Luzern, die bereits sehr früh unserer Idee ihr Vertrauen geschenkt haben. Ich würde sagen, diese Dinge sind es, die dabei glücklich machen.
Die Marke ist mir egal. Das ist etwas für Firmen, die sich in einem Markt abheben müssen, in dem zehn weitere Firmen dasselbe anbieten. Und natürlich auch für die ganze fassadige Startup-Welt, in der man sich bewegt, da braucht man halt die schönen Logos, hinter denen oft nur Blabla steckt.
Nein, uns geht es um die Technologie. Der Sattelauflieger bietet riesige, ungenutzte Möglichkeiten, um Energie zu erzeugen und zu speichern. Diese müssen erschlossen werden. Das ist unser Ziel. Allein mit der Bremsenergie eines einzigen Sattelaufliegers könnte man drei Haushalte mit Energie versorgen, und das ist nicht einmal die spannendste Anwendung.
In einem ersten Schritt bauen wir mit unserem Pilotprojekt den ersten Sattelzugmaschinen-Logistikprozess mit einem Energienetzwerk über das gesamte Fahrzeug einschliesslich des Aufliegers. In einem weiteren Schritt geht es darum, unsere Verbindungstechnologie, wir nennen sie Planardurchführung, zu bauen, zu skalieren und zu verkaufen. Zuerst in der Schweiz, dann in Deutschland, Frankreich und so weiter. Unsere Patente sind weltweit angemeldet. Das kostet einen Haufen Geld, aber ich bin überzeugt, wir werden es nicht bereuen.
Interview 04/2025 © Autorenduo Prof. Veronika Bellone & Thomas Matla für www.tinystartup.ch
Die Bücher zur Website:
"GLÜCKLICH MIT TINY START-UPS" & "ES IST NIE ZU SPÄT, SICH SELBSTSTÄNDIG ZU MACHEN"
von Veronika Bellone und Thomas Matla, erschienen im Redline Verlag: https://www.m-vg.de/redline/shop/article/19760-es-ist-nie-zu-spaet-sich-selbststaendig-zu-machen/
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